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chauvi-spruch des tages #2

„Geht ein Mann mit seiner Frau zum Schönheitschirurgen, damit die sich die Brüste machen lässt- Sie wissen ja, Männer woll’n immer gerne was zum Anfassen haben- da sagt der Chirurg zu dem Mann: <<Woll’n Sie wirklich, dass ich Ihrer Frau die Brüste mache? Ich kann das machen, klar, aber ich könnte auch stattdessen Ihnen die Hände kleiner machen!>>- Verstehen Sie, es ist halt alles relativ! „

der Berufsschullehrer in dem Versuch, mir zu erklären, dass die Tatsache, dass Lehrer überdurchschnittlich viel Urlaub haben, als relativ zu betrachten ist. Genauso relativ eben, wie kleine Hände zu großen Brüsten. Oder der Versuch seine mangelnde Autorität durch Anschreien zu kompensieren zu dem Versuch, dies durch ein Aneinanderreihen von unangebrachten Anekdoten zu tun.

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chauvi-Spruch des Tages #1

„Na, das kann natürlich sein, dass du als Frau das Bohrfutter nicht richtig festgemacht kriegst. „

meister in der ausbildungswerkstatt

Es ist Woche 2 meiner Ausbildung. Metallbearbeitung steht auf dem Programm, ich stehe an der Bohrmaschine, der Bohrer bleibt im Werkstück stecken- schon wieder. Ich also zum Meister , der gerade den neuen Azubis erklärt, was ’nen Messchieber ist: „Entschuldigung, können Sie mir mal bitte helfen, der Bohrer bleibt immer stecken.“. Der Meister, alles klar, kein Problem, guckt sich den Bohrer an, die Neuen gucken sich den Meister beim Arbeiten an, der Meister dreht das Bohrfutter fester, der Bohrer dreht sich, alles tippi-toppi. Ich so: “ Ahhh, ok, war einfach ein bisschen lose!“. Der Meister nickt verständnisvoll und bringt den chauvi-Spruch des Tages #1 an den Start: „Na, das kann natürlich sein, dass du als Frau das Bohrfutter nicht richtig festgemacht kriegst.“ Ich guck den Meister an, ich guck die Neuen an. Der eine, nennen wir ihn Peter, 17 Jahre und noch jugendlich schlaksig, wiegt bestimmt 20 Kilo weniger als ich. Verständnislos guck ich den Meister an, der mich nur noch von hinten anguckt, weil der sich wieder den neuen Azubis zugewandt hat- für den Meister ist die Sache damit hinreichend geklärt und alles tutti. Für mich eher weniger. Ich merke wie die Wut in mir hochkocht, also erstmal raus stürmen, erstmal beruhigen, erstmal sortieren.

Draußen treff ich meine Kollegin, nennen wir sie Anne. Anne sagt: „Na, da musst du gleich nen Spruch zurück kloppen. Ich hätte gleich sowas gesagt, wie ‚Na, das hat ja wohl nix damit zu tun, dass ich eine Frau bin.‘. Da musst du immer gleich kontern.“

Ich sehe das irgendwie anders- glaube ich. Ich will nicht mein Leben damit verbringen, sexistische Sprüche zu kontern, ich will dass die sexistischen Sprüche ein Ende haben. Denn natürlich ist das nicht der erste sexistische Spruch der mir im Ausbildungszentrum um die Ohren fliegt. Wenn ich ehrlich bin, passiert das eigentlich seit Tag 1 jeden Tag mindestens einmal. Dabei ist das meistens so verdrehter Sexismus, wo es nicht darum geht, die Schwächen von Frauen rauszustellen, sondern die vermeintlichen Stärken, sowas in der Art wie

„die Frauen sind ja auch eher ’nen bisschen reinlicher und waschen sich zwischendurch mal die Hände“

sprach der Meister

oder wir eben genauer arbeiten, sorgfältiger, nicht so grobschlächtig und was weiß ich nicht alles. Geschlechterstereotypisierungen eben. Im Grunde vermutlich nett gemeint. Ein Versuch mit „uns Frauen“ eine Verbindung aufzubauen, damit wir uns wohl fühlen. Und deswegen habe ich das einfach so laufen lassen. Habe vielleicht mal ein „Na ich würd nicht meine Hand dafür ins Feuer legen, dass Frauen im Allgemeinen so super reinlich sind.“ fallen gelassen und die Sache ansonsten auf sich beruhen lassen. Bis zu dem Moment, als der Meister mir eben eine Geschlechtsstereotypisierung präsentiert hat, die mich in der Rolle des schwachen Geschlechts drängt und da war bei mir die Grenze überschritten. Aber ist nicht Grunde ist eben jede Geschlechtsstereotypisierung sexistisch, weil sie mir einen bestimmten Platz zuweist und der ist bestimmt nicht in einer Metallwerkstatt als Azubine der Mechatronik. Der ist eher irgendwo, wo es sauber ist, beim sticken oder so. Ich will aber nicht sticken, ich will auf Metall rumkloppen und Stromkreise bauen.

In dem Sinne, ziehe ich für mich heute zwei Schlüsse aus dem Erfahrenen. Zum einen habe ich hiermit eine neue Rubrik geschaffen, nämlich den „chauvi-Spruch des Tages“, in der Hoffnung so sensibler für die verschiedenen Facetten von Sexismus zu werden, indem ich mir die alltäglichen sexistischen Kommentare und ihre Tragweite bewusst mache.

Zum anderen steht Kommunikation auf dem Tagesplan.

Nachdem ich mich beruhigt habe und unter vier Augen suche ich das Gespräch mit dem Meister. Ich erkläre ihm, dass ich mich sehr unwohl durch den Kommentar gefühlt habe. Dass ich das Bohrfutter vielleicht nicht richtig zugedreht habe, weil ich eben ein Lehrling in der dritten Woche bin und noch kein Gefühl für dafür habe. Das dies aber nichts damit zu tun hätte, dass ich eine Frau bin und dass ich auch nicht schwächer wäre, als manch anderer, männlicher Kollege und ich sehr dankbar wär, wenn meine Leistung nicht auf mein Geschlecht bezogen würde. Der Meister zeigt sich bestürzt und verständnisvoll, das wäre ihm gar nicht bewusst gewesen, er wolle doch, dass sich alle wohl fühlen und würde versuchen in Zukunft darauf zu achten. Auch ich zeige mich verständnisvoll, ich wisse ja auch, dass das nicht böse gemeint gewesen wäre, aber ich dachte es wäre eben besser, wenn ich das doch nochmal anspreche, weil wir uns ja auch alle wohl fühlen sollen. Wir sind uns einig, wünschen uns einen schönen Feierabend und gehen unserer Wege.

Ich hätte gerne einen schönen Schlussabsatz für den Text. So was wie: „Und am Ende bleibt halt der Weg das Ziel.“ oder: „denn auch aus Steinen, die einem auf den Weg gelegt worden, kann man schönes bauen.“ Aber irgendwie will nichts so wirklich passen. Aber vermutlich liegt das in der Natur der Sache. Denn dies ist eben der Beginn einer neuen Rubrik und nicht das Ende einer Geschichte.

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Frauenpaua

…und dann doch wieder Krankenhaus

Nun ja, so leicht kam ich dann doch nicht davon. Aus der Nasennebenhöhlenentzündung wurde eine Mittelohrentzündung, die dann mit einem Antibiotikum behandelt wurde, welches ich nicht vertragen haben, deswegen am nächsten Tag ein anderes Antibiotikum und ein Besuch in der Notaufnahme, weil der Tinitus und Gehörverlust doch bemerkenswert stark war, die mich dann aber wieder nach ein paar Tests nach Hause geschickt haben, nur um mich 4 Tage später wieder zu sehen, da die Mittelohrentzündung unter dem Antibiotikum nicht besser wurde, sondern schlechter, weswegen die Oberärztin dann doch veranlasste mir einen Schnitt und ein Röhrchen ins Trommelfell zu verpassen und mich dann stationär aufzunehmen, um mir 3 Tage lang intravenös zwei Antibiotika und 240 mg Cortison zu verabreichen, kurz:

Der ganz normale Wahnsinn, wenn man immunsupprimiert ist und sich eine Erkältung einfängt.

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ängste First Times krankheit

Das erste Mal krank…

Es ist Tag der Deutschen Einheit, ich sitze mit einem Tee im Bett, habe inhaliert, Echinazea, Grippostad C, Sinupret und Gelomyrtol genommen, es ist amtlich: ich bin das erste Mal seit Beginn meiner Ausbildung krank. Seit nunmehr 8 Tagen liege ich im Bett, Nasennebenhöhlenentzündung und Erkältung und es sieht nicht so aus, als ob ich morgen wieder bereit wäre zur Arbeit zu gehen. Das ärgert mich. Nicht nur bin ich in der Probezeit krank geworden, ich bin sogar in den ersten 28 Tagen meines Vertrags krank geworden, so dass die Lohnfortzahlung aussetzt und ich Krankengeld bekomme. Na gut, genau genommen bekomme ich seit dem 29. wieder meinen Lohn, weil die Sonderregelung nur für die ersten 28 eines neuen Vertrags gilt. Trotzdem.

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Die erste Woche

Es ist Samstag Morgen, mein erstes wohlverdientes Wochenende als Azubine der Mechatronik. Alles tut weh, aber darunter mischt sich auch Stolz. Ich habe es geschafft, jeden Morgen um 5 aufzustehen, mich auf’s Fahrrad zu schwingen, den Regio zu nehmen, um dann um 8 am Schraubstock zu stehen und loszufeilen. Alleine das stundenlange Stehen ist eine Herausforderung, vom stundenlangen Feilen und Sägen mal ganz abgesehen. Jemand schonmal einen Fünfzehner Radius in Stahl gefeilt? Geht schon ganz schön auf die Hände und Arme. Na gut, denk ich mir, körperliche Schmerzen sind mir nicht fremd und vorbildliche Yogalehrerin, die ich so bin, mach ich zwischendurch eben mal ne Pause, geh mal kurz raus und mach ein paar Dehnübungen als Gegenbewegung. Also Vorbeuge, Schultern kreisen und die Hand an der Wand in Gegenbewegung zum verkrampften Feilen/Sägen/jegliches Werkzeug halten, als eine völlig entgeisterte Stimme plötzlich aus dem Off meine vorbildliche Zen-mäßige Selbstfürsorgeaktion stört:

„Was machst’n du da bitte? Versuchste die Wand zu halten oder watt?“

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Good Byes

Der letzte Tag

Morgen geht es also los. Mein neues Leben. Als Mitte 30 jährige Azubine. Als Frau die Technik macht. Mein altes Leben hat sich mit Pauken und Trompeten und einem Hundebiss verabschiedet, armer Rufus. Vier Klammern in der einen Wunde 2 in der anderen und so habe ich, statt mich verrückt zu machen und lauter unnütze Dinge zu organisieren, einen kleinen geschockten Hund getröstet. Nagut, zwischendurch bin ich dann doch „mal eben“ nach Ludwigsfelde gefahren, zum Ausbildungszentrum, um die Strecke mit dem Fahrrad zumindest schon einmal abgefahren zu sein. Und abends habe ich natürlich noch Yoga unterrichtet. Aber diesmal eben mit Hund und ohne Teilnehmerinnen. Also Salome und Lisa kamen vorbei um Fluppe rauchend in die Kunst des Yoga eingewiesen zu werden. Aber das ist ’ne ganz andere Geschichte und war wirklich ein schöner letzter Abend.

Jetzt ist es halb Zehn, der Hund schläft, die Sachen sind gepackt, sogar die Trinkflasche hab ich schon vorbereitet. In diesem Sinne. Auf los, geht’s los und gute Nacht.